Koalitionsvertrag: Potenziale - aber auch viele Fragen!

Seit Herbst 2017 wartet Deutschland auf eine neue Regierung. Unionsparteien und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Jetzt haben die SPD-Mitglieder das letzte Wort.
In den Teilen des Koalitionsvertrages, die die Pflegeberufe betreffen – also vorwiegend Pflege und Gesundheit – gibt es Potenzial. Allerdings haben die Verhandelnden anders als in etlichen anderen Bereichen, es versäumt, konkret zu werden: es fehlt z.B. ein ausgewiesenes Budget. Damit bleibt der Koalitionsvertrag hinter dem zurück, was aus Ansicht des Deutschen Pflegerates vor allem im Sinne des Schutzes von Bewohner/-innen und Patient/-innen zwingend erforderlich ist. Die einzige quantifizierbare Aussage bezieht sich auf 8.000 Stellen für Pflegepersonal in Pflegeheimen für die Behandlungspflege – und das ist eindeutig zu wenig. Der Koalitionsvertrag benennt ‚weitere Schritte‘ nach diesem Sofortprogramm. Der Deutsche Pflegerat sieht in der kurzfristigen Perspektive den Bedarf von 50.000 Stellen für die Langzeitpflege.

In der Krankenhauspflege soll die Finanzierung der Personalkosten aus der DRG-Systematik ausgegliedert werden. Eine zusätzliche und von Fallpauschalen unabhängige Finanzierung ist ein interessanter Ansatz. Ein Personalbudget, das nicht als Verschiebebahnhof für die Querfinanzierung anderer Bereiche im Krankenhaus missbraucht werden kann ist begrüßenswert und zwingend notwendig. Der neue Ansatz könnte auch Auswirkungen auf die Gestaltung der Personaluntergrenzen haben. Zu unterstützen ist, dass die Vorgabe für die Festlegung von Personaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen im Krankenhaus auf alle ‚bettenführenden Abteilungen‘ ausgeweitet werden soll. Das war schon lange eine Forderung des Deutschen Pflegerates. Zentrale Forderungen an eine solche Regelung sind, dass es unbürokratisch umsetzbar sein und zu deutlich mehr Stellen führen muss. Auch im Krankenhaus brauchen wir kurzfristig 50.000 Stellen mehr in der Pflege.

Die angekündigte ‚Konzertierte Aktion Pflege‘ sollte umbenannt werden in ‚Konzertierte Aktion Pflegeberufe‘ und damit ausgeweitet auf alle Versorgungsektoren. In den Details ist darauf zu achten, dass qualitative Anforderungen nicht dem quantitativen Bedarf geopfert werden. Der Deutsche Pflegerat fordert eine nationale Anstrengung in Form eines Runden Tisches bei dem alle wichtigen Akteure zusammenkommen, um einen Masterplan für die Pflegeberufe mit einer 10-Jahresperspektive zu vereinbaren. Die Investitionen in die Pflege – insbesondere in mehr Pflegepersonal – wird auch Steuermittel erfordern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die entstehenden Mehrkosten nicht auf Bewohner/innen und/oder Patient/innen umgelegt werden kann.

Es gibt eine Reihe von Details, die Potenzial haben: Zum Beispiel landesweit eine bessere Vergütung für pflegerische Arbeit; die präventiven Hausbesuche als Leistung des Präventionsgesetzes - so diese denn von Pflegefachpersonen ausgeführt werden; die Neujustierung der Aufgabenverteilung zwischen den Gesundheitsberufen; die Akademisierung der Hebammenausbildung; die erweiterten Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige; Verbesserungen für strukturschwache Regionen und eine Stärkung der Rolle der Kommunen.

Bei all dem gibt es Chancen auch für die Pflegeberufe. Am Ende aber wird es von der konkreten Ausgestaltung abhängen. In der Vergangenheit waren Versprechungen aus Koalitionsverträgen in der Umsetzung letztendlich oft unverbindlich. Der Deutsche Pflegerat
wird eine mögliche neue Große Koalition kritisch begleiten und die Versprechungen einfordern.

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Ansprechpartner:
Franz Wagner
Präsident des Deutschen Pflegerats

Deutscher Pflegerat e.V. (DPR)
Bundesarbeitsgemeinschaft Pflege- und Hebammenwesen
Alt-Moabit 91, 10559 Berlin
Telefon: (0 30) 398 77 303
Telefax: (0 30) 398 77 304
E-Mail: presse@deutscher-pflegerat.de

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